Frikassee: Sammelsurium mit 700-jähriger Geschichte und Rezept

Frikassee ist schon im Jahr 1310 bekannt und bedeutet „Sammelsurium“. Das weiße Ragout besteht aus hellem Fleisch und kann aus Kalb, Kaninchen, Taube, Lamm oder Schwein (Füße, Ohren) gekocht werden. Ein Rezept und ein Stück Kulturgeschichte.

Frkassee, Foto: Madame Renard

Ich bin mit Hühnerfrikassee aufgewachsen und habe es schon immer geliebt. Beim Stöbern nach einem wohlschmeckenden Rezept, bin ich auf die 700-jährige Geschichte des Frikassees gestoßen. Und da mich Entstehung von und Kultureinflüsse auf Speisen interessieren, versuche ich hier mal einen kleinen Überblick:

Klassisches Frikassee und das Huhn

Hühnerfrikassee ist wohl wirklich die bekannteste Form. Dabei kann Frikassee auch aus „weißem“ Fleisch von anderen Tieren wie Kalb und Taube bestehen. Hauptmerkmale sind auf jeden Fall das weiße Fleisch und die helle Soße. 

Beim Stöbern in Rezept- und Sachbüchern fand ich auch Interessantes über die Kulturgeschichte von Hühnern. Dazu schreibe ich aber noch einmal einen Extra-Beitrag, weil das Thema so endlos ist. Hier sei nur kurz genannt:

Ursprünglich stammt das Huhn aus Indien, ist aber mittlerweile überall auf der Welt zu Hause. Es gibt unzählige Züchtungen. Die Wichtigsten sind heute:

  • Die Legehenne. Sie wird für die Eierproduktion gezüchtet. Nach etwas mehr als einem Jahr landet sie meist als Suppenhuhn im Topf oder im Frikassee :).
  • Das „Hähnchen“. Es wird vor allem für die Fleischproduktion gezüchtet und ist bei der Schlachtung jünger und damit leichter als…
  • Die Poularde. Sie ist ein vorrangig mit Mais gemästetes Huhn, das noch vor seiner Geschlechtsreife geschlachtet wird – in einem Alter von bis zu zwölf Wochen. Durch die spezielle Fütterung sind Poularden vor allem Fleischlieferanten und wiegen teils mehr als zwei Kilogramm.
  • Kapaune. Das sind kastrierte Hähne, die besonders gefüttert und gehegt werden. Ihr Fleisch erhält auf diese Weise einen einzigartigen Geschmack. Ihre Haltung ist aufwändig und das Kapaun-Fleisch daher recht teuer. In Frankreich gelten sie als Delikatesse. In Deutschland sind sie kaum gefragt.

(Ich bin bekennender Fleischesser, sonst wäre ich wohl Vegetarier. Gerade deshalb bevorzuge ich Fleisch, Eier, Milch und Käse aus artgerechter Haltung und lege auch Euch ans Herz: Lieber weniger Fleisch essen, dafür mehr Wert auf Fleisch und Eier aus artgerechter Haltung achten.)Frkassee, Foto: Madame Renard

Frkassee, Foto: Madame Renard

Schmackhafter Kraftspender bei Erkältung und Co.

Hühnerfleisch gilt seit Jahrhunderten als kraftspendende Unterstützung bei der Heilung von Erkältung und diversen Krankheiten.

„Sie hat zwei Monate gelebt und nun belebt sie mich“, soll Brillat-Savarin über eine Poularde gesagt haben, die er verspeiste, als er sich von einer Krankheit erholte. Im 19. Jahrhundert schrieb der französische Gourmet seine Abhandlung über die „Physiologie des Geschmacks“, die ihn berühmt gemacht hat. Wer die Geschichte der französischen Küche studiert, kommt an Brillat-Savarin genauso wenig vorbei wie am Frikassee.

Eines der ältesten überlieferten Frikassee-Rezepte, „faisans et paons tous armés“ (Fasan mit Gewürzsauce), stammt aus dem 14. Jahrhundert von Viandier de Taillevent. Der Küchenmeister König Karls V hieß mit richtigem Namen Guillaume Tirel, wurde im Jahr 1310 geboren und hinterließ eine handschriftliche Rezeptsammlung. Der umständliche Titel des Traktats besteht aus 48 Wörtern, mit denen ich Euch an dieser Stelle verschone. Das gesamte Werk wurde im Jahr 1490 zum ersten Mal gedruckt.

Nur ein wenig jünger ist das Rezept „brouet georgé – ragoût de veau“ (Kalbsragout ) aus dem Werk „Ménagier de Paris“ aus dem Jahr 1393. Das Buch wurde von einem unbekannten Pariser Bürger verfasst und 1847 wieder aufgelegt. Das darin erwähnte Kalbsragout wird unter anderem mit Zimt und Kardamom gewürzt.Frkassee, Foto: Madame Renard

Zutaten verändern sich nur leicht über die Jahrhunderte

Auch Alexandre Dumas gibt in „Das große Wörterbuch der Kochkunst“ um 1870 zwei Rezepte für Hühnerfrikassee zum Besten.

  1. Die Soße zum klassischen „fricassée poitevine“ dickt er mit Eiern und etwas Milch an. „Das Frikassée wird so angerichtet, dass die Füße zu unterst liegen, darauf kommen die Rückenteile und obenauf Keulen und Flügel. Mit Soße übergießen und servieren. Sie können das Frikassée heiß oder kalt anrichten. Für Letzteres lassen Sie die gebundene Sauce abkühlen und geben Gelée dazu“, schreibt er.
  1. Das „fricassée à la chevalière“ ist ein Rezept mit Krebsen und Trüffeln. „Sie garen die Flügel im Ofen, glacieren sie, legen sie dann kreuzförmig auf ihr Hühnerfrikassee und geben auch vier schöne Krebse dazu. Als Krönung legen Sie einen großen Trüffel obenauf und servieren“, heißt es.

In Belgien ist auch das „fricassée de pestelons et d’askoutons“ bekannt – aus Schweinsfüßen und Schweinsohren. Naja, das mutet heute vielleicht etwas befremdlich an.

Alle Rezepte haben eine helle Soße gemeinsam. In allen Zutatenlisten stößt man auf Weißwein, Nelken, Zitrone, Zwiebeln, Butter und gegebenenfalls Essig.

Diese Kombination der Zutaten ist bis heute so geblieben und macht das Frikassee zu einem historischen Klassiker mit Garantie zur Leibspeise – bei mir zumindest ;).

Mein Lieblingsrezept lest Ihr unten.

Ich hoffe, der kleine Ausflug in die kulinarische Geschichte hat Euch gefallen.

Ich wünsche Euch eine „sammelsurische“ Woche.

Juliane

Frikassee mit Huhn
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Zubereitungszeit
30 min
Kochzeit
1 hr 40 min
Total Time
2 hr 10 min
Zubereitungszeit
30 min
Kochzeit
1 hr 40 min
Total Time
2 hr 10 min
Zutaten
  1. 1 Maispoularde etwa 1,5 kg
  2. Salz
  3. 1 mittelgroße Zwiebel
  4. 1 Bund Suppengrün
  5. 2 Lorbeerblätter
  6. 1 Stengel Liebstöckel
  7. 4 Wacholderbeeren
  8. 1 EL Pfefferkörner
  9. 4 Nelken
  10. 40 g Butter
  11. 40 g Mehl
  12. 200 ml Weißwein
  13. 200 ml Schlagsahne
  14. 1 Limette
  15. 1 TL Zucker
  16. Pfeffer
  17. 100 g Kapern
Zubereitung
  1. Die Zwiebel schälen und die Lorbeerblätter mit den Nelken daran feststecken. Die Schale aufheben.
  2. Das Suppengrün putzen, waschen und grob würfeln.
  3. Dann die Poularde in einen großen Topf legen, das Suppengrün, Lorbeer, Liebstöckel, Wacholder, Pfefferkörner und etwas Salz darüber streuen und alles mit Wasser bedecken.
  4. Das Ganze kurz aufkochen lassen und dann bei niedriger Hitze etwa 90 Minuten kochen lassen.
  5. Die Poularde herausnehmen, abtropfen und etwas abkühlen lassen.
  6. Nun die Haut und das Fett entfernen und das Fleisch abzupfen. (Das Fleisch muss sich leicht lösen, sonst ist die Poularde noch nicht gar. Dann alles einfach noch einmal für ein paar Minuten in den Topf zurückgeben und köcheln lassen.)
  7. Das abgezupfte Fleisch in mundgerechte Stücke zupfen oder schneiden und beiseite stellen.
  8. Nun die Brühe durch ein Sieb gießen und ebenfalls abgießen. Das gekochte Gemüse aufbewahren.
  9. Jetzt ist etwas Fingerspitzengefühl notwendig: Butter in einem Topf erhitzen. Die Butter darf nicht braun werden, da sie sonst die Soße verfärbt. Die Hitze herunterregeln. Wenn die Butter weich ist und eine glatte Masse ergibt, dann das Mehl langsam in kleinen Portionen und unter ständigem Rühren dazu geben.
  10. Anschließend den Weißwein am besten Kelle für Kelle dazugeben und ständig rühren. Es dürfen sich keine Klümpchen bilden. Lieber mit kleinen Schlucken vom Weißwein anfangen.
  11. Anschließend alles mit einem Schneebesen glatt rühren und etwa 500 ml von der Brühe dazugeben.
  12. Alles 5 Minuten köcheln lassen.
  13. Nun die Sahne dazu geben und weitere 5 Minuten nur leicht köcheln lassen.
  14. Dann das Hühnerfleisch und die Kapern in die Soße geben.
  15. Abschließend mit Limettensaft, Salz, Zucker und Pfeffer würzen.
  16. Aus dem Suppengrün die Zwiebelreste, Nelken und das Lorbeerblatt heraussammeln. Die übrig gebliebene Brühe kann mit dem Suppengemüse vermengt werden und eignet sich super als Hühnerbrühe bei Erkältung oder einfach so zwischendurch. Sie lässt sich auch super einfrieren.
Anmerkungen
  1. Das Frikassee mit Salzkartoffeln oder Reise servieren.
Madame Renard http://madamerenard.de/

4 Kommentare zu Frikassee: Sammelsurium mit 700-jähriger Geschichte und Rezept

  1. Pingback:Sigrid / Madam Rote Rübe

  2. Pingback:Pa

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